Von Mumbai nach Frankfurt: Eine internationale Reise in die Finanzwelt

In ein neues Land zu ziehen bedeutet mehr als nur eine neue Adresse – es heißt, in allen Lebensbereichen von vorn zu beginnen. In diesem Frühjahr hat Master in Finance Studentin Kinjal Sharma diesen Schritt von Indien nach Deutschland gewagt. In diesem Interview erzählt sie, wie es war, das Ungewohnte anzunehmen – vom Zurechtfinden im Alltag bis hin zu ihrer neuen Rolle als Junior Portfolio Managerin. Außerdem spricht sie über ihre Motivation, sich für das Diversity in Business Scholarship zu bewerben, über die Erfahrungen, die sie aus dem Studium und der Arbeit in einem neuen kulturellen Umfeld gewonnen hat, sowie über die unerwarteten Perspektivwechsel, die ihre Reise bisher geprägt haben.

Portrait of Kinjal Sharma with greenery in the background

Die Reise von Mumbai nach Frankfurt war mehr als nur ein Flug; sie bedeutete einen tiefgreifenden Lebenswandel. Gab es einen Moment, in dem dir wirklich bewusst wurde: „Ich lebe jetzt in Deutschland“?

Für mich kam dieser Moment an einem ganz gewöhnlichen Nachmittag bei Rewe. In Mumbai war ich das Chaos der Bauernmärkte gewohnt, aber auch die Bequemlichkeit und den Vorteil, dank UPI nie Bargeld dabeihaben zu müssen. Plötzlich wurde es mir klar, als ich dort stand, umgeben von unbekannten Produkten, Etiketten übersetzte und merkte, dass ich bei Null anfing. Das war kein Besuch mehr – das war mein Zuhause. Es war zugleich demütigend und aufregend, eine Erinnerung daran, dass ich ein völlig neues Kapitel aufgeschlagen hatte, in dem Wachstum nur möglich ist, wenn man das Ungewohnte annimmt.

Vor Kurzem hast du als Junior Portfolio Manager bei Source For Alpha angefangen – ein spannender Schritt zu Beginn deines Master in Finance. Was hat dich zu dieser Gelegenheit geführt und was war bisher die größte Lernkurve?

Als ich den Master in Finance begann, war mir klar, dass ich unbedingt neben dem Studium auch praktische Erfahrungen sammeln wollte. Deshalb habe ich aktiv nach professionellen Möglichkeiten in Deutschland gesucht. Ich hatte sogar Elisabeth, der GBS Recruitment and Admissions Managerin, gesagt, dass ich sehr interessiert wäre, falls sich etwas ergeben sollte. So habe ich von der Stelle bei Source For Alpha erfahren. Von da an lag es an mir, den Bewerbungsprozess erfolgreich zu durchlaufen. Mein Hintergrund im Bereich Investment und Equity Research hat mir dabei eine solide Grundlage gegeben und war ein klarer Vorteil.

Am lohnendsten war bislang die steile Lernkurve beim Verstehen der deutschen Finanzmärkte – insbesondere, wie sie sich im Vergleich zu Indien unterscheiden: mit geringerer Volatilität und einem ganz eigenen regulatorischen Rahmen. Das hat mir geholfen, meine technischen Fähigkeiten zu schärfen und gleichzeitig gelernt, Investmentideen wirksam über kulturelle und berufliche Kontexte hinweg zu kommunizieren.

Du wurdest mit dem Diversity in Business Scholarship ausgezeichnet. Was hat dich motiviert, dich zu bewerben, und was bedeutet dir diese Anerkennung persönlich und beruflich?

Was mich zur Bewerbung für das Diversity in Business Scholarship motiviert hat, ist sowohl Erfahrung als auch Überzeugung. Die Finanzbranche ist traditionell stärker von Männern geprägt, und zu Beginn meiner Karriere habe ich durchaus Momente erlebt, in denen ich mich fehl am Platz oder sogar ein wenig hilflos fühlte. Die Wende kam, als ich sehr früh eine Mentorin hatte, die nicht nur an meine Fähigkeiten glaubte, sondern mich auch bestärkte zu erkennen, dass Herausforderungen mich nicht definieren, sondern mich tatsächlich stärken können. Diese Unterstützung gab mir das Vertrauen, schwierige Situationen mit Resilienz zu meistern, und mit der Zeit wurde mir bewusst, wie kraftvoll ein richtiges Unterstützungssystem sein kann, um den eigenen Weg zu gestalten.

Daher ist Diversität für mich so wichtig: Es geht nicht nur um Repräsentation, sondern darum, Umgebungen zu schaffen, in denen Menschen gesehen, unterstützt und ermutigt werden, ihr Bestes zu geben. Meine Motivation, mich für dieses Stipendium zu bewerben, war es, selbst eine solche Rolle einzunehmen – um Mentorin zu sein, Bewusstsein zu schaffen und andere aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen zu unterstützen, damit auch sie befähigt werden, Hürden zu überwinden. Diese Anerkennung ist für mich sehr persönlich. Sie würdigt nicht nur die Herausforderungen, die ich gemeistert habe, sondern auch das Wachstum, das daraus entstanden ist, und erinnert mich an die Verantwortung, die ich nun habe, etwas zurückzugeben. Beruflich hat sie Türen zu Gesprächen geöffnet, die mir sonst vielleicht verschlossen geblieben wären – Gespräche darüber, wie das Finanzwesen inklusiver gestaltet werden kann, wie Teams durch diverse Perspektiven gestärkt werden und wie man mit Empathie führt. Persönlich ist sie eine ständige Erinnerung daran, dass schon kleine Akte der Ermächtigung Wellen der Veränderung erzeugen können – und ich möchte weiterhin meinen Beitrag zu dieser Veränderung leisten.

Beruflich positioniert mich diese Anerkennung nicht nur als Finanzprofi, sondern auch als jemanden, der eine Stimme in der Diskussion über Inklusion hat. Sie motiviert mich, diese Verantwortung in jedes Team einzubringen, in dem ich arbeite, und sicherzustellen, dass Diversität nicht nur thematisiert, sondern in bedeutender Weise gelebt wird.

Welche neue Sichtweise oder Erkenntnis hat dich seit Beginn des Master in Finance an der Goethe Business School überrascht?

Ehrlich gesagt habe ich seit Beginn des Master in Finance eine unerwartete Veränderung in meiner Denkweise erlebt: Mir ist bewusst geworden, wie viel Selbstdisziplin und Balance es tatsächlich erfordert. Mir war klar, dass die Kurse intensiv sein würden, aber ich hatte nicht damit gerechnet, wie sehr ich meine Zeit managen, lange Vorlesungen konzentriert durchhalten und gleichzeitig alles andere in meinem Leben im Gleichgewicht halten müsste. Das Programm hat mich dazu gebracht, strukturierter und bewusster mit meiner Zeit umzugehen – und das ist für mich eine ebenso große Lernerfahrung wie die Finance-Inhalte selbst. Es hat mich definitiv widerstandsfähiger gemacht, denn auch wenn ich müde oder überfordert bin, habe ich gelernt, dass ich trotzdem durchhalten und Leistung bringen kann. Dieser Wandel in meiner Denkweise wird mich sicher weit über das Programm hinaus begleiten.

Du hast sowohl Erfahrung mit der indischen als auch der deutschen Kultur. Wie haben diese kulturellen Unterschiede deinen Ansatz beim Problemlösen, in der Teamarbeit oder bei der Arbeit insgesamt beeinflusst?

In Indien aufzuwachsen und dort zu arbeiten, hat mich in Sachen Einfallsreichtum und Anpassungsfähigkeit geprägt. Dinge laufen nicht immer wie geplant, und man lernt, spontan zu reagieren und schnell Lösungen zu finden. Deutschland hingegen hat mir den Wert von Struktur, Präzision und Planung vermittelt. Heute sage ich gern, dass ich das „Beste aus beiden Welten“ habe: die Fähigkeit zu improvisieren, wenn das Leben unerwartete Wendungen nimmt, und zugleich die Disziplin, Dinge bis ins Detail zu planen, wenn es wirklich darauf ankommt. Im Team bedeutet das, dass ich mich auf Veränderungen einstellen kann, aber auch weiß, wie ich zu einem strukturierten Prozess beitrage, der alle auf Kurs hält. Beide Herangehensweisen im Repertoire zu haben, macht die Gruppenarbeit reibungsloser – und manchmal sogar ein bisschen angenehmer, weil wir Überraschungen meistern können, ohne den Fokus zu verlieren.

Wenn du deinem früheren Ich, damals beim Bewerben für das Programm, eine Postkarte schreiben könntest – was würdest du sagen?

Glaube an dich selbst und wage den Schritt. Der Weg, der vor dir liegt, wird dich auf Weisen herausfordern, die du dir jetzt noch nicht vorstellen kannst. In ein neues Land zu ziehen, neu anzufangen und ein anspruchsvolles Masterprogramm zu beginnen, wird sich manchmal überwältigend anfühlen. Es wird Tage geben, an denen die Sprache wie ein Hindernis wirkt, an denen dich die langen Vorlesungswochenenden erschöpfen und an denen es fast unmöglich scheint, Studium, Privatleben und all die Ungewissheit unter einen Hut zu bringen. Doch hier ist der Teil, den du jetzt noch nicht sehen kannst: Jede Herausforderung wird dir etwas beibringen. Du wirst eine Widerstandskraft in dir entdecken, von der du nicht wusstest, dass du sie hast, eine Disziplin, die du dir nie zugetraut hättest, und eine neue Perspektive auf Finance, die weit über Zahlen hinausgeht. Du wirst von Vielfalt, von verschiedenen Kulturen und Denkweisen lernen – und das wird nicht nur deine Karriere prägen, sondern auch deine Sicht auf die Welt. Vertraue einfach dem Prozess und sei dir sicher: Es wird sich alles lohnen!